
Die Ankündigung von Oracle, Java kostenpflichtig zur Verfügung zu stellen, brachte doch einige Unruhe in die Branche. Bisher konnte Java weitgehend kostenfrei genutzt werden, was natürlich in der Entwicklungsumgebung einen großen Vorteil darstellte. Und nun dieser Bruch! Doch was steckt dahinter? Mit welchen Auswirkungen sowohl positiver als auch negativer Art müssen die Unternehmen rechnen?
Die Entwicklung mit Java war bisher eine komfortable Angelegenheit, insbesondere da Oracle für jede Version lange kostenlose Aktualisierungen, insbesondere Sicherheitsupdates bereitstellte – teilweise über mehrere Jahre und parallel für mehrere Versionen gleichzeitig. Dieser Komfort erleichterte nicht nur das Arbeiten in einer Version – auch der Druck, auf eine neue Version zu wechseln, wurde minimiert, ganz nach dem Motto „never change a running system“. Doch die rasanten Weiterentwicklungen wirbeln auch in den etablierten Entwicklungsumgebungen und fordern schnellere Umsetzungen der Innovationen. So setzt nun Oracle, wie einige Unternehmen der IT-Welt es vormachten, auf kürzere Zyklen, in denen neue Versionen erscheinen. Diese Neuerung wird kontrovers in der Branche diskutiert, denn mit dieser Verkürzung tritt auch gleichzeitig eine neue Lizenzpolitik in Kraft. Was in der alten Struktur oftmals auf ein neues Release – geplant in weiter Zukunft – angekündigt wurde, soll nun innerhalb kürzester Zeit verfügbar sein. Die Kehrseite ist, dass dieses rasante Tempo die IT-Abteilungen vor tiefgreifende Herausforderungen stellt. Mit jedem Update ist auch ein oft enormer Aufwand hinsichtlich Migration und Testing verbunden, der sich – auch bedingt durch kurze Zyklen – extrem auf die Ressourcenplanung auswirkt. Auch stellt sich die Frage, was ein Update während eines Entwicklungsprojekts – das oftmals länger als sechs Monate dauert – verursacht?
Ganz neu ist diese kommerzielle Java-Lizenzierung übrigens nicht. Bei der Nutzung einer Java-Version nach dem „End of Public Updates“, also dem Einstellen der Bereitstellung kostenloser öffentlicher Aktualisierungen, bestand die Möglichkeit kostenpflichtig weitere Support- und Update-Leistungen zu erhalten. Auch Zusatzfunktionen im Bereich der Überwachung und Fehleranalyse liefen über kostenpflichtige Lizenzen („Java Commercial Features“).
Wie sich diese Änderung der Lizenzpolitik auswirkt, verdeutlichen die beiden Grafiken:
Abbildung 1: Bisherige Release-Politik
Abbildung 1 zeigt die Updates, die zur Beseitigung von Sicherheitslücken zur Verfügung gestellt wurden.
Abbildung 2: Zukünftige Release-Systematik
Die neue, in festen Zeitintervallen ausgelegte Release-Politik beinhaltet weitaus mehr Planungssicherheit für das Aktualisieren von Java.
Doch welche Auswirkungen hat dieser Wechsel der Release-Struktur im täglichen Einsatz? Für Unternehmen bedeutet es, dass ab 01.01.2019 Oracle Java für den kommerziellen Einsatz auf Produktivsystemen nur noch als kostenpflichtige Lizenz zur Verfügung steht und zwar für Server und Desktop. Im Lizenzumfang enthalten ist die Bereitstellung von Feature-Updates, Fixes und Patches. Eine weitere Änderung des kostenpflichtigen Supports ist der sogenannte Long Term Support (LTS), eine Möglichkeit über mehrere Jahre hinweg professionelle Serviceleistungen zu erhalten, was allerdings nur für die Java-Versionen 8 und 11 angeboten wird.
Eine weitere Möglichkeit ist die Nutzung einer kostenfreien Java-Version (das sogenannte OpenJDK), jedoch ohne die Updates und Bugfixes von Oracle. Hierbei ist zu beachten, dass die oftmals unabdingbaren Sicherheitsupdates nicht enthalten sind oder nur „unverbindlich“ von der Community bereitgestellt werden, was ein erhöhtes Risiko – insbesondere bei Projekten – darstellt. Schließlich bleibt nur zu hoffen, dass ab „Java 11“ wie versprochen die OpenJDK und Oracle-Version von Java tatsächlich 100% identisch sind – in der Vergangenheit war dies keinesfalls immer so.
Eine interessante Sonderrolle spielt der Fall, wenn Java als Teil eines anderen Produkts genutzt wird. Insbesondere wenn dieses Produkt von Oracle stammt, stellt Oracle Java weiterhin kostenlos zur Verfügung inklusive eines Zugriffs auf die “non Public Releases”. Dies ist vor allem für Oracle E-Business Suite oder Weblogic-Kunden von großer Bedeutung, da sie von der anstehenden Lizenzpolitik nicht betroffen sind.
Fazit: Die neue Struktur der Support-Politik von Oracle Java stellt einen drastischen Umbruch dar. Nicht nur eine neue Preisstruktur, sondern auch die vielseitigen Anwendungsvarianten erfordern ein intensives Durchleuchten der Einsatzgebiete der Java-Entwicklung innerhalb eines Unternehmens. Dabei sind detaillierte Kenntnisse der internen Prozess-Strukturen von Vorteil, um die effizienteste Lösung zu finden.
Autor: Johannes Michler
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